Auszug aus den Chroniken des Josef aus dem Fischbachtal

Im Frühjahr des Jahres 1024 nach Nevenburger Zeitrechnung begleitete ich unsere ehrenwerten Schwestern Minzi und Rovenna gemeinsam mit meinem Knappenbruder Lucius, meiner Novizenschwester Theophania sowie der Kriegsmagd Clara und unserem lieben Karl-Heinz auf einen Ausflug nach Wenzingen. Sie hatten dort im Vorjahr bereits in einem kleinen Ort bei einer Taverne namens „Drei Trauben“ einen Sareph-Schrein errichtet und der örtlichen Bevölkerung sowie einem bunten Haufen von Abenteurern geholfen, ein dunkles Wesen namens „Wolf“ mit der Hilfe unserer geliebten Göttinnen – insbesondere Sareph – zu versiegeln.

Vielleicht wollten sie sich die Früchte ihrer Arbeit ansehen, vielleicht etwas Abstand vom Krieg gewinnen, wer weiß das schon? Jedenfalls hatte Rovenna von einer „Vision des Wolfs“ berichtet und ich habe den Auftrag bekommen ja zuzusehen, dass unseren geliebten Priesterinnen nichts passiert. Auf dem Weg gabelten wir einen Taugenichts namens Jean-Luc auf, den gerade unsere Kriegsmagd Clara unmittelbar in ihr Herz schloss. Na das konnte ja nur heiter werden…

Vor Ort wurden wir dann ziemlich direkt mit dem ersten großen Hindernis konfrontiert. Die örtliche Obrigkeit – deren Name mir glatt entfallen ist – hat unserer mit viel Mühe errichteten Sareph-Schrein in einen sogenannten „Teilzeitschrein“ umgewandelt. Bis heute ist mir das Konzept des „Teilzeitschreins“ ein Rätsel, aber ich muss ja auch nicht alles verstehen. Jedenfalls war dieser „Teilzeitschrein“ offenbar für je einen halben Tag der örtlichen Gottheit Zei und für den anderen halben Tag unserer Herrin Sareph geweiht. Erbost über diesen Frevel haben wir – damit meine ich insbesondere Rovenna und Minzi, wobei letztere deutlich erfolgreicher war – mit der Tavernenwirtin gesprochen und nachdem wir ein selbstgedichtetes Ständchen auf die Taverne vorgetragen haben, zusätzlich zum „Teilzeitschrein“ noch einen festen Sareph-Schrein erhalten. Ein voller Erfolg!

Die örtliche Gottheit Zei bzw. dessen Priester erschien mir anfangs recht interessant, bei näherer Betrachtung jedoch recht starr und absolutistisch. Zei als strahlender Gott des Lichts, der die Welt in einem großen Kristall einschloss um sie gegen die Finsternis zu beschützen. Die Lüge steht nach dem Gesetz Zeis in Wenzingen quasi unter Todesstrafe, aber es ist nach Ansicht der Priesterschaft völlig in Ordnung, Dinge zu verschweigen. Das passt mit den viranischen Rittertugenden nicht ganz zusammen, aber naja…Ein seltsames Konzept, das auch keine anderen Glaubensrichtungen oder ähnliches zuließ…Sei es drum, muss ja nicht mit jedem klarkommen.

Als wir dann prüfen wollten, ob die „Ketten“ des „Wolfs“ noch gut saßen, erhielten wir plötzlich Visionen von einem anderen seltsamen Wesen namens „Krähe“, das wollte, dass wir den Wolf befreien. Wieso, weshalb und warum wussten wir nicht und konnte uns auch nicht wirklich glaubhaft dargelegt werden.

Zwischendrin hatten wir noch eine „interessante“ Begegnung mit einigen Pilzwesen und deren seltsamen Anhängern, die offenbar eine Art Abhängigkeit von den Pilzsporen entwickelten. Während Lucius mit Karl-Heinz diskutierte, ob ein Genozid (oder wäre es eher ein Mykozid?) an den Pilzwesen gerechtfertigt sei, prüften Minzi und ich den Stand der „Ketten“ des Wolfs. Alles war noch intakt, so wie es sein sollte.

Da auch sonst wenig passierte, unterhielten wir uns mit einigen der Mitreisenden und fanden unter anderem mögliche Bündnispartner in einer Truppe von Anhängern der Zwielichtgottheit Xantrus, die wir direkt nach Lauenbach einluden. Darunter waren ein Kriegspriester, der sich mir als Darius vorstellte und ein „Diakon der Klingen“ namens Sinerias. Vielleicht konnte sich der gute Erstkontakt noch als nützlich erweisen. Außerdem habe ich es irgendwie geschafft, Marigold in einem sehr persönlichen Gespräch zum Weinen zu bringen…Für eine Plauensteinerin ist sie sehr nah am Wasser gebaut, wenn ich mir als Vergleich ihren Bruder anschaue…Aber der ist auch ein schlechter Vergleichswert wenn ich es mir recht überlege.

Am Ende der munteren Tavernenreise angelangt erfuhren wir, dass der Wolf irgendwie von irgendwem freigelassen worden ist. Na wenn das mal gut geht…

Alles in allem war es eine ziemlich ereignislose Reise nach Wenzingen, was angesichts des Krieges in der Heimat auch mal ganz gut tat.

Confotos

Fotograf: Luca