Brief des Komturs Arcturus Varus von Lauenbach an seinen Vorgesetzten, den Ersten Paladin Sir Wihelm von Silberhaven

~ Vertraulich ~
An seine Hochwürden
Sir Wilhelm von Silberhaven, Erster Paladin der Sareph

Lieber Wilhelm 15. Tag des Novembre, 1021 n. mittell. Zeitr.

Ich möchte dir persönlich und unmittelbar von unserer zweiten Aufklärungsmission nach Myn Dreahan berichten. Wie du dich entsinnst, führten uns zwei Gründe in dieses Land:
Primo – Wir wollen den Hinweisen der ersten Aufklärungsmission nachgehen, von denen mir bisher leider noch immer der genaue schriftliche Bericht fehlt, nach denen sogenannte „Glyphen“ Götter einsperren können und wir sicherstellen wollen, dass dies nicht mit der Absenz unserer geliebten Mará in Verbindung steht.
Secundo – Remus, der Bruder von Graf Urelos von Greifenfels, auf den du größte Stücke hälst, gilt als in diesem Land verschollen, und gerne unterstützt der Orden bei der Suche nach ihm.

Ich erwählte also ein Korps von Spezialisten, um dieser Anspruchsvollen Aufgabe gerecht zu werden: Meisterin Circe von Kleist von den Kriegshexen, Priesterin Orelia von Otterquell, Hauptmann Darius von Plauenstein und Jungprotektor Karl-Heinz Dreyfeldt. Mit uns reiste auch, auf ihren ausdrücklichen Wunsch, die Heilerfamulantin Elisabeth Schwarzberg. Frau Orelia und Karl-Heinz sollten uns vor Ort empfangen. Meinem Knappen Georg befahl ich meinen Neuknappen Josef aus dem Fischbachtal in die wichtigsten Ordenstexte und Sakramente einzuführen.

Wir reisten also nach Nevenburg um von dort durch das feste Portal in das fremde Land zu reisen. Wir trafen unmittelbar auf unsere ehrwürdige Ordensschwester und einen unserer Jungprotektoren und wurden über die Sachlage aufgeklärt, dass Baron Julius Sturm die Expedition mit einem Greifenfelser Hauptmann anführte. Ich bat ersteren um eine Audienz. In dieser habe ich die Hilfe des Zwillingsordens bei seiner Expedition zugesichert bei der Bergung der Glyphe, deren Untersuchung und der Suche nach Remus.

Herr Sturm eröffnete mir in dieser Audienz, dass das Land von menschenfressenden Kannibalen heimgesucht wurde, sowie von einem dämonischen Kult. Im Laufe der kommenden vierundzwanzig Stunden haben ich Herrn Sturm mehrmals um seine präzise Bestätigung gebeten, ob die Paktiererei der Kultisten eine gesicherte Tatsache sei, die der hochwohlgeborene Herr Sturm mir gegenüber vor Zeugen mehrmals bestätigt hatte. Daraufhin erklärte ich öffentlich die paktierenden Kultisten zum Staatsfeind Lauenbachs und des Ordensheeres des Zwillingsordens.
Außerdem offenbarte Herr Sturm, dass als Teil der Expeditionsgruppe die „schwarze Hand“ aus Paalthamasch reiste, eine Delegation in Diensten von Kalesh, unserem Feind. Herr Sturm gab offen zu, dass ihm dies ebenfalls missfiele, aber er würde im Sinne des „geringeren Übels“ mit ihnen kooperieren. An dieser Stelle fragte ich Herrn Sturm vor Zeugen, ob wir unter seinem Gastrecht stünden als Expeditionsleiter, und er antwortete vor Zeugen „so dürft ihr es verstehen“. Damit war für mich als Edelmann klar, dass ich das Gastrecht, das als heiliges Standesgut in meinem Land gilt, auf keinen Fall mit leichtfertigen Offerten verletzen werden möge. Ich langweilige dich nicht umsonst mit derlei Feinheiten, du wirst noch den Grund für meine Ausführungen verstehen.

Den Ersten Abend verbrachten wir damit, von Kultisten angegriffen und gefordert zu werden: Die Forderung die ausgesprochen wurde lautete, dass der gefesselte Expeditionsleiter und zehn gefesselte Krieger bei Sonnenaufgang bereit stünden zur Abholung durch die Kultisten, die vorwarfen, die Greifenfelser hätten ein nahestehendes Dorf verheert und Frauen und Kinder abgeschlachtet. Bei dem Angriff mit dieser Forderung, hatten sie auch eine gefesselte Frau, die wir zwar retten konnten, aber sie verstarb leider kurz danach an ihren Verletzungen. Herr Sturm bat mich bei Sonnenaufgang bereit zu stehen, und auch ohne diese Aufforderung hätte ich diese Forderung des paktierenden Feindes mit Freuden wahrgenommen.

Der Natur einer typischen Reise gemäß waren um die siebte Stunde morgens noch fast alle Reisenden im warmen Bett. Unsere Ordensdelegation war entweder im tiefen Morgengebet versunken oder zu Wachschichten eingeteilt. Baron Sturm, sein Hauptmann, ein weiterer Greifenfelser und ich standen im Morgengrauen zu viert bereit und erwehrten uns knapp zwanzig Angreifern nach allen Kräften. Mein Ende kommen sehend rief ich noch „aufrecht steh ich – aufrecht falle ich!“, und sank, von zwei Pfeilen penetriert, auf die Knie. Dann empfing mich die Dunkelheit eines Deliriums.
Schemenhaft nahm ich folgendes wahr: Wir wurden auf eine nasse Wiese mit einem Ritualplatz geschliffen und gefesselt. Einige von uns wurden die Knie mit einem Hammer zertrümmert, anderen die Extremitäten abgeschnitten, und anderen die Kehlen aufgeschnitten. Kurz nach uns wurden weitere Reisende als gefangene Ritualopfer hergeschliffen – Erneut wurden Beine zertrümmert, erneut Gliedmaßen abgehackt, erneut Kehlen aufgeschnitten. Es ist mir ein wunderliches Rätsel, dass niemand hierbei gestorben ist – doch flüsterte mir die Göttliche Stimme zu, dass die Kultisten wüssten was sie tun, und sie niemanden sterben lassen wollten, da sie uns lebend bräuchten.

Während ich im Delirium mein Sterben willkommen hieß, wir an Pfähle mit Masken gelegt wurden, erneut aufgeschlitzt wurden und in einem Ritual an unseren Seelen gezerrt wurde, rannten Kannibalen aus dem Wald und töteten die Ritualwachen der Kultisten. Kurz darauf, nach rund drei Stunden in Kälte und Sprühregen, kamen dann die Reisenden und erretteten uns.

Es folgten viele Stunden von Heilungen, Operationen und Behandlungen. Ich hatte die Verletzungen von zwei Pfeilen, dreifach gebrochenen Knien und einem Kehlenschnitt erlitten – nur um die wichtigsten aufzuzählen. Bedauerlicherweise, immer wenn ich vor unserer Hütte saß und von Frau Orelia versorgt wurde, kamen neue Kultistenpatroullien aus dem Nichts an und schossen und schlugen auf uns ein. Im Laufe des Tages sammelte ich auf diese Weise acht Pfeiltreffer ein, die Frau Orelia mit kunstvoll genähten Narben versah.

Von dieser Prozedur erschüttert, waren wir weniger aktiv, wie wir es vielleicht in Paalthamasch auf unserer letzten Reise waren – aber wir standen unseren Mann. Ich habe Herrn Sturm auch in einer Audienz darauf hingewiesen, dass wir als Orden zu unserem Wort stehen werden und weiter helfen werden, trotz aller Probleme – aber nicht in einer führenden oder kommandierenden Funktion agieren werden, da ich es nicht ertragen könnte, die schwarze Hand zu führen oder derart zu unterstützen. Dies verstand der Baron vollends.

Der Tag verging: Unser Orden nahm Kontakt mit einer Waldhexe auf und barg eine verfluchte Kiste mit Seelensteinen und einem Schlüssel. In einem Göttinnendienst reinigte ich Boden und Kiste und zog einen klerikalen Schutzkreis um die Schatulle. Sie wurde geöffnet, die unheilige Präsenz wurde gereinigt mit der Hilfe von Marápriesterin Orelia und die Seelensteine und der Schlüssel geborgen und in geweihtem Wasser gereinigt. Wir übergaben diese dem Orden der Golgariten, die dem Totengott dienten, um die rastlosen Seelen darin zu befrieden.
Urelos, frage mich nicht, wie das ganze im Zusammenhang mit der Glyphe und Remus steht – dafür habe ich zu lange auf dem Operationstisch und im Krankenbett gelegen. Andere sind über die komplexen Zusammenhänge gewiss besser informiert als ich.

Wir kamen schließlich an einen kritischen Punkt, auf den ich konrekt hinaus möchte:
Die schwarze Hand und Baron Sturm haben mit dem Hauptmann der Kultisten einen Waffenstillstand erhandelt, unter dem wir ein magisches Gewölbe betreten sollen, respektive mein Jungprotektor. Unser Protektor wurde hierfür nach vielen Gesprächen von Herrn Sturm und mir erwählt, da wir dort die Glyphe vermuteten, die wir untersuchen wollten.

Da es unmöglich ist, irgendeinen Pakt mit den Dämonenpaktierern zu tolerieren, ich aber dennoch zeitgleich das Gastrecht achten musste, befand ich mich erneut in einer Zwickmühle: Ich fragte Herr Sturm erneut unter Zeugen, ob es gesichert sei, dass die Kultisten paktieren. Plötzlich drückte sich Herr Sturm sehr wage aus und relativierte seine vorherigen Zusicherungen. Mein Vertrauen in die Expeditionsleitung wurde damit ins Wanken gebracht.
Wir luden deswegen, um eigene Fakten zu schaffen, den Herrn Hauptmann der Kultisten zum Gespräch ein vor dem Altar der Zwillinge, an dem ich einen klerikalen Kreis der Wahrheit vorbereitet hatte. Der Hauptmann erklärte sich einverstanden und beantwortete willig meine Fragen, unter der Bedingung, dass er mich zu einem Zeitpunkt seiner Wahl etwas fragen dürfte und ich, bei meiner Ehre, wahrheitsgemäß antworten müsse – solange sich die Frage nicht auf Ordensgeheimnisse oder taktische Informationen des Ordensheeres handeln würde. Auch wirkte ich ein Wunder zum Aufspüren von dämonischen Präsenzen oder Pakten – und nichts schlug an. Der Kult verehrt Ausgleich und Gleichgewicht, eine Namenlose Entität, die aber nicht aus der Dämonensphäre stammt oder mit ihr in Verbindung steht.

Damit stand fest, dass Baron Julius Sturm mich belogen hat, vielleicht wissentlich, vielleicht unwissentlich, und ich aufgrund dieser Falschrede zahllose Männer und Frauen eines lokalen Kultes abschlachten habe lassen. Ich nahm öffentlich meine Feindeserklärung des Kultes zurück, und bat den Hauptmann der Glaubensgemeinschaft reuig um Vergebung. Wenngleich die Glaubensgemeinschaft defizile Praktiken wie Blut- und Seelenmagie nutzt, bleibt das Faktum bestehen, dass wir aufgrund von Herrn Sturms Falschaussagen unschuldiges Blut vergossen haben.

Der Vollständigkeit halber, schildere ich dir noch weitere Ereignisse dieser Expedition:
Wir versuchten also den Jungeprotektor in das magische Gewölbe zu schicken, unter Hilfe von Mirau und den Golgariten, damit die Glyphe nicht in die Hände fragwürdiger Vertrauenswürdigkeit fiele. Leider gelang es uns nicht ohne die magischen Fertigkeiten der schwarzen Hand. Es wurde also wie mit der ganzen Reisegesellschaft vereinbart ein Ritual durchgeführt und mein Protektor Karl-Heinz mit einem anderen Reisenden in das Gewölbe geschickt. Beide hatten scheinbar die Gewissensprüfung bestanden, kamen aber nicht weit, da in einem Kriechgang Astralfäden des Schmerzes gespannt waren, die beide nicht sehen konnten.

Und so wurde die Schwarze Hand in das Gewölbe gelassen. Resigniert befahl ich den Abzug zur Hütte, um auf den Weg Herr Sturm um Menschenverstand zu bitten, die Glyphe nicht der schwarzen Hand zu überlassen. Er drückte sich wieder einmal sehr vage aus.

Einige Zeit später kam Mirau mit den Golgariten und sie hatte tatsächlich die Glyphe und verschlüsselte Schriften dabei. Ich kann voller Glück sagen, dass die Glyphe sich in sicheren Händen eines friedlichen Satyrs befindet, der in dieser Welt heimisch ist und uns ein vertraulicher Gefährte war auf der Reise. Den ersten Untersuchungen der Glyphe nach, scheint sie keinen Anhaltspunkt auf Mará zu liefern.

In einem solchen Fall, würde ich normalerweise Herrn Sturm öffentlich auffordern mir Satisfaktion zu gewähren sowie angemessene Reparationszahlungen an die Hinterbliebenen der Glaubensgemeinschaft zahlen. Nun möchte ich aber nicht das bisherige gute diplomatische Verhältnis zwischen dem Orden, Silhaven, Lauenbach und Greifenfels schädigen. Deswegen, nach Rücksprache mit Sir Wilhelm habe ich folgende Bitten an dich, als der Lehnsherr von Baron Sturm:

Primo. Ich erwarte vom Herrn Sturm eine öffentliche Entschuldigung seinerseits, beispielsweise, auf der nächsten gemeinsamen Reise vor zahlreichen Zeugen. Er muss sich reuig zeigen, das heilige Wort eines Edelmanns zu einem anderen Edelmann, das stets aufrecht und wahrhaftig sprechen sollte, missbraucht oder unterschätzt zu haben. Er muss anerkennen, dass aufgrund seiner Aussage das unschuldige Blut etlicher Menschen einer fremden Glaubensgemeinschaft auf fremden Grund und Boden vergossen wurde, durch das Ordensheer des Zwillingsordens als Werkzeug. Dies akzeptiere ich als Satisfaktion vollends, ohne vom Fehdehandschuh Gebrauch machen zu müssen, und das wäre sehr zum Wohlgefallen aller Parteien sowie der Göttin Mará, die für Liebe und Eintracht steht wie du weisst.

Secundo. Baron Sturm muss allen Hinterbliebenen der Opfer, allen Witwen und Waisen angemessene Witwen-, Waisengelder und Reparationszahlungen leisten. Als Zeichen des Entgegekommens und des guten Willens, und zur Sühne meiner blutbefleckten, schuldigen Schwerthand, werde ich höchstselbst, mit deiner Erlaubnis Urelos, in den Landstrich von Myn Dreahan zurückkehren und einen Anteil an Reperationszahlungen leisten, die zwar nicht die Toten zurückholen werden, aber die Angehörigen etwas von anderen, ökonomischen Schmerzen ablenken wird.

In brüderlicher Liebe, und
Im Namen der Zwillinge – Zwei und doch eins.

Dein Freund und Bruder

Arcturus Varus von Lauenbach

Erbgraf der Markgrafschaft Lauenbach des Koenigreichs Moris Luna,

Komtur von Rebhain, Kommandant des RegimentsFeuerlanze des Zwillingsordens

dritter Paladin der Sareph, Hochrichter des goldenen Avatars,

Erster Richter des souveränen Protektorates Schwanensee auf Siofra

Leider gab es Orga-seitig keine Fotos von der Con.