Forma ignis lancea – Die Strahlen der Feuerlanze erwachen

Aus dem Tagebuch des Chevalier Aramis du Lac aus Toussaint
Komturei Rebhain, 43. Lammas 1281

„Da das menschliche Gedächtnis unzuverlässig ist und infolge der Wirrnis der Geschehen nicht

ausreicht, sei es das Ansinnen der edlen Vorfahren unseres gesegneten Toussaints, das der Herzogin

und des Kaisers Nilfgaards, urkundlich festzuhalten, was die Dauer der dahinrinnenden Zeit hinsichtlich

der Kenntnisse der Menschen entstellt darzulegen neigte.

Auch ist es an der Zeit, da nun das Bieste von Beauclair unsere güldenen Herzen mit rotem Blut befleckte

und uns jene raubte, deren Tugenden zuvorderst einst als unzweifelhaft galten, einen neuen Herrn von

du Lac zu ernennen, der da antritt das Erbe seines Bruders Ramon du Lac, auf Geheiß und zum Wohle

Ihrer Allerhöchsten Durchlaucht, Herzogin Anna Henrietta.

Demgemäß soll die Allgemeinheit der gegenwärtigen wie der künftigen Getreuen des Herzogentums

erfahren, daß wir, Anna Henrietta, Herzogin von Toussaint, für uns und unsere Erben öffentlich mit

diesem unserem Briefe gegen alle, die ihn sehen oder von ihm hören, bekennen, daß wir Aramis du Lac

mit gutem Willen, Vorsatz und aus rechtem Herzen , auch aus besonderer Gunst und Gnade unserer

Dienste willen, die er uns getan hat und täglich tut, und in zukünftigen Zeiten uns und unsern Erben

noch tun soll und mag, ihm und allen seinen rechten Lehenserben, die nachgeschriebenen Güter von

uns zu Lehen wieder schenken, nämlich alle Teile des Edelgutes du Lac, in dem Lande Toussaint mit

Gerichten, obersten und niedersten, Gerechtigkeiten, Freiheiten, Gewohnheiten, Renten, Zinsen,

Äckern, Wiesen, Hölzern, Ölbaumhainen, Zuchten, Horsten, Weingärten, Zehnten, Fronen, Diensten,

Ehren, Nutzen mit allen und jeden ihren An- und Zugehörungen, sie sind benannt oder unbenannt,

welchen Namen sie auch haben mögen, nichts ausgeschlossen an Rechten sämtlicher Manlehen,

bekannt, gereicht und geliehen haben.

Auf daß die Würde dieses Besitzes, aber auch die Rechte und Pflichten, die daraus gemäß der heiligen

Manifeste vom Schutz und vom Gehorsam gegen die Getreuen des Herzogtums Toussaint und auch

gegen uns erwachsen, allenthalben offenbar werden, soll Aramis du Lac fortan den Namen „Chevalier

du Lac“ tragen. Zudem bestimmen wir, Anna Henrietta, dass Aramis du Lac nach Bestehen von sieben

mal sieben Heldentaten unter Eid und Beobachtung von rechten Zeugen erneut den Titel eines Comte

tragen soll, der ihm und all seinen Nachfolgern und rechten Lehnserben untrennbar mit dem Besitz der

Provinz erhalten bleiben; in all der nachfolgenden Zeit sollen Provinz und Titel ihnen zu recht verbleiben;

damit niemand durch unüberlegtes Wagnis sie zunichtemachen oder sonst wie zu verletzen suchen

möge.

Des zu Urkunde und seiner Sicherheit haben wir, obgenannte Anna Henrietta von Toussaint, nach dem

Willen der Herrin Herzogin von Toussaint, unser Siegel durch unseren Lieben Cousin Emhyr var Emreis

Deithwen Addan yn Carn aep Morvudd für uns und unsere Erben an diesen Brief wissentlich lassen

hängen, der gegeben ist zum fünften Savoine des Jahres 1278.“

Sieben mal sieben Heldentaten um den Titel meiner Ahnen zurückzuerhalten, den mein verstorbener

und in Ungnade gefallener Bruder Ramon verloren hat. Diese Urkunde in Verbindung mit meinem

Traum von einem strahlenden Anführer, der einen Drachen in seinem Schild führt und das Königreich

der Menschen vor dem Bösen befreit, hat mein Gefolge und mich ins Königreich Moris Luna geführt.

Nach einer langen strapaziösen Reise erreichten wir kurz nach Einbruch der Nacht des 43. Lammas

1281 das Feldlager von Markgraf Arcturus Varus von Lauenbach in der Komturei Rebhain. Der Dritte

Paladin des Ordens der Zwillinge und seine Männer waren bereits bei der Rekrutierung der Soldaten

für die Feuerlanze und das hin und her der Frauen und Männer im Lager sorgte für eine gewisse

Unordnung, so, dass wir an den Wachen vorbei direkt zum Tisch des Markgrafen gelangten. Erst dort

mussten wir für einen Moment warten bis wir empfangen wurden. Der sichtlich gestresste Paladin

hieß uns willkommen und bat uns an seiner Tafel Platz zu nehmen. Mein Vorhaben, mich seiner

neuformierten Armee anzuschließen nahm er dankend zur Kenntnis und gewährte mir auch meinen

Wunsch, vor meinem Einschreiben zunächst mir einen Überblick über die Lage und Besonderheiten

der Ordensarmee zu verschaffen. Unser Lager errichteten wir auf einer kleinen Anhöhe direkt neben

dem ihrer Lordschaft. Während mein Haushofmeister und alter Freund Guillaume Robert du Bois und

ich uns an der Tafel niederließen, sendete ich meine Magd Genevieve und den mir von Herzogin Anna

Henrietta mitgesendeten Prior Verchevan aep Wadh unter die Leute, um mir so schnell wie möglich

einen Überblick zu verschaffen.

Während ich also in den Genuss der besten Weine aus Rebhain gelangte und auch seiner Durchlaucht

Arcturus einen Kelch besten Est-Est aus Toussaint servieren konnte, verschaffte sich der Prior einen

ersten Überblick über den Glauben an die Zwillingsgottheiten Sareph und Mará. Er versicherte mir

später am Abend, dass die Aspekte des Glaubens in der richtigen Deutungsweise mit dem Glauben an

Ard Feainn übereingebracht werden können und ebenfalls vom dritten Paladin wurde mir bestätigt,

dass mein Glaube an Ard Feainn kein Hindernis in seiner Glaubenswelt darstellt, womit eine große

Hürde zum Beitritt in die Ordensarmee genommen wurde.

Zu einem ersten Eklat kam es, als mir der Prior ein anrüchiges Bild von Herzogin Anna Henrietta zeigte,

dass auf einem Altar Sarephs stand. Man sollte erwähnen, dass die Basis des Glaubens an die

Zwillingsgottheiten sich auf sexueller Begierde stützt. Konfrontiert mit dem Bildnis der Herzogin zeigte

sich euer Durchlaucht zunächst wenig Verständnis für meine Empörung, da es in seinem Glauben eine

Ehre ist, auf dem Altar von Sareph zu stehen und wir ja in seinen Landen seien und somit sein Glaube

zähle. Zumindest nahm er das Bild zunächst in persönliche Verwahrung und unterließ somit die

Zurschaustellung der Herzogin.

Auch Genevieve kam mit ersten Erkenntnissen zurück zur Tafel und erzählte von einem untoten Ritter,

der von einem vermeintlichen Elfenmagier kontrolliert wird. Im Kaiserreich würde derart Nekromantie

mit der sofortigen Exekution der betroffenen einhergehen, aber der dritte Paladin bürgte für die

beiden Männer und erwähnte dabei, dass er sogar vorhatte, den Magier Sartarius als Hofmagier zu

gewinnen. Nun gut, wenn eine Armee vorhat gegen widernatürliche Wesen ins Feld zuziehen, sind

unorthodoxe Vorgehensweisen vielleicht angebracht. Prior aep Wadh versicherte mir zumindest, dass

es zwar moralisch schwer zu akzeptieren ist, aber er kein Problem für unser Seelenwohl sieht, wenn

wir an der Seite des untoten Ritters in die Schlacht ziehen, zumal mir in Gesprächen mit dem Magier

als auch mit dem Untoten – der sich mir als Graf Caine Barett zu Höhenmark aus dem Lande Dayon –

vorgestellte, klargemacht wurde, dass er noch beseelt und Herr seines eigenen Willens ist.

Die abendliche Ruhe war auf einen Schlag vorbei, als die Wache Alarm schlug. Mit meinem Schwert

bewaffnet eilte ich neben anderen Soldaten der Feuerlanze zum Ort des Geschehens und bekam einen

ersten Vorgeschmack auf das was mich bei der Ordensarmee erwarten würde. Ein mit einer

verfluchten Klaue und einem Dolch bewaffneter Mann versuchte sich gewaltsam Zutritt zum Lager zu

verschaffen. Es war allerdings kein Problem diesen Mann zu überwältigen, denn es reichte, dass ich

ihn mit meiner Klingenspitze nur leicht an der Kehle berührte und er brach tot in sich zusammen. Der

Magier Sartarius bot an ihn für einen kurzen Moment für eine Befragung wiederzuerwecken, was

allerdings die anwesenden Ordenskrieger nicht guthießen. Prior Verechvan aep Wadh nahm zu dieser

Frage ebenfalls Stellung, nachdem er sich mit dem Magier kurz unterhalten hatte. Diese

Wiedererweckung hätte nur auf die Erinnerungen des Mannes zurückgegriffen, dessen Seele – sofern

er noch eine gehabt hatte – wäre davon nicht betroffen gewesen und somit aus Sicht des Priors in dem

Fall der Bekämpfung widernatürlicher Wesen eine nicht von Ard Feainn geächtete Möglichkeit.

Komturei Rebhain, 44. Lammas 1281

Nach einer ereignislosen Nacht ging es mit den Rekrutierungen weiter. Während ich ein herzhaftes

Frühstück und einen guten Wein genoss, beobachtete ich die neu rekrutierten Soldaten, welche wohl

an meiner Seite in künftige Schlachten ziehen werden. Es waren deutlich weniger als ich bei einer

Ordensarmee erwartet hatte, dafür aber von überdurchschnittlicher Qualität.

Im Laufe des Vormittags wiederholten sich Vorfälle der Art, dass klauenbewährte Wesen das

Lageraufsuchten, aber ohne große Anstrengung besiegt werden konnten. Erst nach mehrmaligen

Hinweisen von meiner Seite wurden die Wachen aufgestockt.

Der vorläufige Höhepunkt des Konfliktes ereignete sich kurz vor der Mittagszeit, als eine größere

Gruppe gehörnter Kämpfer versuchte sich gewaltsam Zutritt zum Lager zu verschaffen. Zusammen mit

den Ordenskriegern der Feuerlanze konnte dieser erste Sturm ohne Verluste im Keim erstickt werden.

Nachdem ich mich kurz vor dem Mittagessen entschieden hatte, meine Dienste der Feuerlanze

anzubieten und eure Durchlaucht dankend angenommen hatte, bot er mir standesgemäß den Rang

eines Offiziers an. Gegen den Protest des Priors lehnte ich dankend ab, da ich nicht hier in die

Mittellande gekommen war um eine militärische Karriere im Orden zu verfolgen, sondern meine

sieben mal sieben Heldentaten zu vollbringen und schnellst möglich wieder nach Toussaint

zurückzukehren. Diese Taten lassen sich nach Vorbild meines Vorfahren Sir Launcelot am besten

vollbringen, wenn man nach alter toussaintiner Art an vorderster Front streitet und nicht die

Schlachtreihen aus dem zweiten oder gar dritten Glied koordiniert.

Mein Wunsch wurde mir gewährt und so fand ich mich wenig später auf dem Exerzierplatz des

Feldlagers wieder, wo Hauptmann Arvid Sturmborn und Leutnant Darius von Plaunstein mit den

neuangeworbenen Rekruten Manöver und Befehle einübten. Höhepunkt bei den Manöverübungen

waren Kampfszenarien der Feuerlanze gegen einige Männer der Lauenbacher Wachgarnision. Hier

zeigte sich, dass aller Anfang schwer ist und dass es wichtig ist aus guten Einzelkämpfern ein

eingespieltes Regiment zu formen, denn die Garnisonsmänner machten es uns schwer – viel schwerer

als es uns hätte fallen dürfen

Überschattet wurde das Manöver zudem von einem Todesfall unter den

Männern der Garnison, der bei der letzten Übung zusammenbrach – vermutlich hatte etwas von ihm

Besitz ergriffen oder er war vergiftet worden, ich hatte das nicht genau mitbekommen.

Das Beste am Manöver war, dass sich die Männer kennenlernten und wir anfingen eine Einheit zu

werden. In einem Gespräch mit Hauptmann Arvid, auf den ich große Stücke halte, habe ich mein

Dilemma mit dem Bild der Herzogin geschildert und er versprach mir ein gutes Wort bei seiner

Durchlaucht einzulegen, zumal für besondere Leistungen Soldaten der Feuerlanze mit derart

Motivationsbildern belohnt werden.

Auch am Nachmittag sollte keine Ruhe ins Lager einkehren. Neben weiteren kleineren Angriffen, kam

es zu einem Bauernaufstand. Bewohner aus den naheliegenden Dörfern hatten sich

zusammengefunden um das Lager zustürmen und sich so Zutritt zum Markgrafen zu verschaffen.

Mein Haushofmeister Guillaume du Bois war der Erste, der sich dem Mob entgegenstellte und diesen am

Betreten des Lagers hinderte. Da die Bürger nur leicht bewaffnet waren steckte ich mein Schwert

zurück in die Scheide und versuchte zu vermitteln. Der von mir herbeigerufene Prior war es

letztendlich, der durch die Worte Ard Feainns und einigen Goldstücken, den Aufstand friedlich

auflöste. Deutlich waren seine Worte bezüglich weiteren Forderungen, denn im Kaiserreich würde in

einem wiederholten Falle kurzen Prozess mit ihnen gemacht werden – Habgier ist eine Totsünde.

Mein Gefolge und ich hatten auch das Vergnügen der Rechtsprechung des Markgrafen beizuwohnen

und somit einen weiteren Eindruck zu erhalten, wie es hierzulande zugeht. Aus Diskretionsgründen

werde ich nicht weiter über Details zu diesem Fall berichten, aber es sei gesagt, dass mir das Strafmaß

der Rechtsprechung sehr unvertraut ist, was vor allem wieder auf den sexuellen Bedürfnissen

ausgerichteten Glauben zurückzuführen ist.

In einem magischen Ritual, dessen mystische Hintergründe ich lieber nicht genauer wissen möchte,

wurde dem verurteilten Paladinknappe Thorius ein Erzengel ausgetrieben, der ihn bis dato besessen

hatte. Den Hintergrund genauer zu berichten würde den Umfang dieses Tagebucheintrags sprengen.

Am späten Nachmittag offenbarte sich endlich zum ersten Mal der große Gegenspieler des

Zwillingsordens gegen den wir in den Krieg ziehen sollten … Ajiel … der vom dritten Paladin auch als

Dämon bezeichnet wurde. Hierzu sei anzumerken, dass im Glauben an Ard Feainn so etwas wie

Dämonen nicht existiert und wir somit vereinfachend von widernatürlichen Kreaturen sprechen. Ajiels

Diener forderte den dritten Paladin und somit die Feuerlanze auf dem Feld der Ehre eine Entscheidung

herbeizuführen – ob diese Kreaturen so etwas wie Ehre überhaupt kennen?

Wenig später kam es dann zur Feuerprobe der neuformierten Einheit. In vorderster Front und Schulter

an Schulter boten wir dem Bösen Paroli und schickten die Horden in den düsteren Nebel zurück aus

dem sie erschienen waren. Schwer gezeichnet von der Schlacht aber um zwei vom Prior bestätigten

Heldentaten reicher widmeten wir uns unseren Wunden.

Später am Abend durften wir einem Gottesdienst beiwohnen, der zwar ungewohnt aber dennoch sehr

ehrfürchtig war. Zum theologischen Gehalt wird der Prior zu einem späteren Zeitpunkt noch eine

Stellungnahme verfassen.

Als wenn der Tag nicht schon genug erlebt hatte, kam am Abend noch ein Giftanschlag auf den

Markgrafen vor, welchen er dank der anwesenden Mará Priesterin und dem Magier Sartarius

überleben konnte.

Dank meiner Ehre die ich in der Schlacht erlangt hatte, übergab mir euer Durchlaucht das Bildnis

meiner Herzogin, so dass auch dieses Problem eine versöhnende Lösung fand.

Mein Fazit nach einem Tag bei der Feuerlanze ist die Erkenntnis, dass ich meine sieben mal sieben

Heldentaten in diesem Rahmen schneller schaffen könnte, als ich erwartet habe. Eine besondere

Gelegenheit dafür wird sich kurz nach der Wintersonnenwende ergeben, denn der erste Paladin des

silbernen Lagers hatte den Markgrafen am Abend aufgesucht um ihn um Unterstützung bei einem

letzten Kampf gegen eine widernatürliche Kreatur und dessen Armeen zu bitten.

Für die Herzogin, für Toussaint und für die Ehre!

Ein Gastbericht von unserem Questritter der Herzen: Peter
Hier die zugehörige homepage zu seinem Ritter Aramis du Lac!

Confotos

Fotografen: Anne Kniel und Jochen Belecki