Rebhain, Zweiter Februar 1024 nach mittelländischer Zeitrechnung

Thorius, Knappe des Sir Wilhelm, stand auf der inneren Mauer der Burg Rebhain und blickte herunter auf den Exerzierplatz. Im Licht der beginnenden Abenddämmerung spielten Ihm seine Augen und Gedanken Streiche. Der Hauch von Rauch eines Wachfeuers drang in seine Nase und er vermeinte selbst unter dem Schnee die dunklen Flecken zu erkennen, an denen die Feuer gebrannt hatten. Feuer, die so viel Rot und Weiß den endgültigen Tot brachten. Thorius erschauderte und versuchte die aus Erschöpfung und Trauer geborenen Bilder wieder in seinen Geist zu bannen und straffte seinen Rücken. Er fokussierte seine Gedanken auf den Grund warum er eigentlich diesen Ort aufgesucht hatte, die Planung des morgigen Tagwerkes und Ausbildung der Mannschaften.
Doch sein Geist wollte nicht in das Hier und Jetzt zurück. So viel war geschehen, dass er noch nicht greifen konnte. Wie im Nebel erinnerte er sich an die Gerichtsverhandlung vor dem Tribunal der Paladine im Dezember 1023. Waren es wirklich erst zwei Monde? Als Gast im eigenen Körper blieb ihm nichts anderes als den Geschehnissen zu folgen. Fassungslos, als Ismael in seiner Hybris den Dienern der Göttin mit klaren Worten zu verstehen gab, dass er Ihre Autorität nie anerkennen würde. Sprachlos und zutiefst berührt, als Sareph den zweiten Teil seiner selbst richtete. Erleichtert, das der Pakt den Darius eingegangen war gebrochen wurde und verwundert als dieser explizit Ihn als Lehrer verlangte.
Erst als Gardist Ullrich den Saal betrat verschwand die Präsenz des Engels. Ullrich, der alleine den Weg aus Rebhain nach Thalwingen gefunden hatte um die Botschaft zu bringen, die die Welt erneut in‘s Wanken brachte. Rebhain war befreit. Was hatte der Orden der Wächter des heiligen Lichtes dort vollbracht.  Die Heilige Tialar, Hochmeister Andras, Erzprior Castus, Thoranel und all die anderen wackeren Streiter. Sein Herz barst vor Freude über den Sieg der Verbündeten mit denen Sie schon viele Schlachten geschlagen hatten. Sieben tote Staatsmagier? Was für ein Schlag gegen das Hochstromer Gezücht.
Der Morgen des nächsten Tages begann anders als erwartet. Sir Wilhelm ,der Erbgraf Acturus und der Leutnant teilten ihm mit, dass er nicht mit in das Neu Cyrionische Reich reisen sollte. Die Marschbefehle waren klar. Er sollte mit den verbliebenen Resten der Lanze, Sir Wilhelms Silbergarde und Kontingenten der Viranischen Einheiten nach Rebhain vorrücken und die Burg sichern. Moment einmal, Er sollte? Sollte er? Der Berg der Verantwortung brach über Ihn hinein und er fühlte sich in seinem selbst gewählten Weg seiner Rolle gerecht zu werden bestärkt. Was so ein lauer Sommerabend an einem Fass in den Drachenlanden doch alles bewirkt. Führen durch Vorbild, hatte Darius zu Ihm an diesem Abend gesagt.
Vorbild war er. Auf dem Weg entlang des Thalwinger Sees, über verbrannte Äcker, vorbei an zerstörten Siedlungen, an vergifteten Brunnen und Teichen, bis hin nach Rebhain. Dort wo die Feuer gebrannt hatten. Der Geschmack von verbranntem, verwesenden Fleisch in der Luft lag und eine Gruppe silberner sie wie das Licht des neuen Morgens erwartete. Dieser 10. Dezember des Jahres 1023 würde immer in seinem Gedächtnis bleiben.
Zurückkehrend in das Hier und Jetzt musste er schmunzeln. Hätte ihm jemand vor einem halben Jahr gesagt, dass er stellvertretend die Reste der Lanze führt, hätte er ihn ausgelacht. Unten an der Rampe, weg vom Exerzierplatz, vermeinte er die Korporale Lovis Graufels und seinen Knappenbruder Josef zu erkennen. Was hatten Ihn die beiden in den letzten Wochen unterstützt. Stunde um Stunde, Übung für Übung, hatten sie dort unten absolviert, immer das Ziel vor Augen sich vorzubereiten auf einen Feind der seit Wochen nicht mehr an die reparierten Mauern geklopft hatte.
Einen Grund warum das so war kannte er nicht, aber Gerüchte machten die Runde, dass sowohl in Bärenfelde als auch in Hochstrom innere Unruhen herrschten, die den Feind an Ort und Stelle banden. Die Rückkehr der Gesandschaft des Komtur’s rund um den Jahreswechsel von den Anhängern Saba’s brachte diesbezüglich auch keine weiteren Erkenntnisse, hüllte er sich diesbezüglich in tiefes Schweigen.
Der kurz darauf erfolgte Auszug des Ordens in den ersten Tagen des neuen Jahres zurück in Ihre Heimat war dann ein freudiger, aber auch trauriger Moment. Freudig ob der kleinen Festivität die trotz Mangels gefeiert wurde und traurig, da man nicht wusste wann und ob man sich wieder sah.
Offiziere waren ein seltener Anblick dieser Tage. Arvid‘s Aufenthaltsort war unbekannt und Darius begleitete des Öfteren Marie bei diplomatischen Aufträgen, so wie auch jüngst in Faerun. Er selbst war ja bei der letzten Mission, die durch Kraddenrode führte, anwesend und wusste um die schrecklichen Ereignisse die zu Darius Verzweiflungstat geführt hatten.
Nun war der Leutnant schon wieder verschwunden. Eines Morgens sattelten er und Björn Ihre Pferde und brachen mit einer Kiste in Richtung der Schwertküste auf.
Das Tagesbriefing durch Acturus brachte Aufschluss: „… Angesichts der Informationen, welche uns lebhaft dargestellt wurden, trafen wir die Entscheidung das unsere Hilfe sich denen zuwenden soll, welche die Schwächsten in diesem Krieg sind. Denen jedoch eine der wichtigsten Aufgaben im sensiblen Geflecht der Gesellschaft zufällt. Den Bewohnern, den Bauern eurer Dörfer, Einsiedeln und Weiler. Den Friedangern und Gräbern, den ungeschützten Häusern eurer Herrinnen , dem Boden auf dem auch euer zukünftiges Überleben wachsen wird, um Eurem Land eine Zukunft zu schenken…. Bitte macht euresgleichen auch darauf aufmerksam, dass unsere dunkle Kleidung und Erscheinung gerne mit dem von Anhängern des Unlebens verwechselt werden. Die Knochenhand mit der goldenen Waage ist das Erkennungszeichen von uns, den Dienern Kelemvors. Das Haus Mildenhall führt zudem eine Totensymbolik mit dem Herren und der Kristallebenen im Wappen….“ Acturus legte den Brief aus dem er zitiert hatte zur Seite und sah in die Runde. „Nun Marie und Darius scheinen es geschafft zu haben ein gutes Dutzend Anhänger des Kelemvor zu überzeugen uns zur Seite zu stehen“ er seufzte leicht. „So wie es aussieht nicht für den Einsatz im Feld, sondern mit dem hehren Gedanken das Land zu reinigen. Wir begrüßen dies, auch wenn wir nicht einschätzen können was diese Gabe bedeutet. Thorius was kannst du uns über den Gott berichten?“ Der Knappe dachte nach bevor er antwortete als würde er aus einem Buch zitieren: „…Wir als die Diener des Gottes des Todes und dem Hüter der Träume, schützen das Leben. Das ist unsere Aufgabe…“ Acturus nickte: „Gut, unterrichtet alle das wir eine Gesandtschaft erwarten. Weggetreten.“
Wochen waren seitdem vergangen und weder der entsandte Offizier, noch die Diener des Kel…. Eine Fanfare schnitt wie ein Messer in des Knappen Kopf. Don Anselmo hatte diese neue Form der Signale implementiert, um schnell und klar auf den Schlachtfeldern zu kommunizieren. Dieses signalisierte, dass sich etwas der Burg näherte.
Thorius rannte die Mauer entlang, um einen besseres Blickfeld zu haben und zog im Laufen ein Fernrohr aus der Tasche. Seinen Atem beruhigend, hielt er an geeigneter Stelle an und suchte den Weg in Richtung Burg ab.
Aus den ersten Schleiern der Nacht schälte sich eine lange Kolonne. Zuvorderst eine Kavalkade von gut einem Dutzend Reitern auf mächtigen Rössern ,schwarz wie die Nacht. Ersatzpferde an den Zügeln. Die Ausrüstung: gemischt vom schweren Harnisch bis zu verstärktem Leder. Dominant waren die dunklen Farben, kombiniert mit der Symbolik einer Totenhand mit goldener Waage. Eine Andersartigkeit umgab sie, die Thorius nicht greifen konnte. Geführt wurde die Gruppe von einer Frau in Vollplatte. Lady Mildenhall, die er nur kurz einmal in Dolchfurth gesehen hatte, würde er überall wiederkennen.
Der restliche Zug war nicht minder beeindruckend. 13 Ochsengespanne zogen große Frachtwagen, wie sie von Fernhändlern genutzt wurden. Flankiert wurde dieser träge Moloch von einzelnen Fußsoldaten in leichter Platte mit gemischter Bewaffnung, wobei Piken und Helmbarten wie man Sie in geschlossener Phalanx benutzt dominierten. Kurz dachte Thorius an das vergangene Fest der Drachen als, eine Gruppe Landsknechte mit ähnlicher Bewaffnung einfach durch den Schildwall der Goldenen gebrochen ist.
Den Abschluss wiederum bildete eine Gruppe Reiter. Offiziere an der Spitze. Sowohl die Fußsoldaten, als auch die Reiter wiesen eine Gemeinsamkeit auf. Der Wappenrock, der alle verband,  trug das selbe Wappen. Das Symbol einer von Flammen umgebenen Faust. Bevor er den Finger darauf legen konnte woher er das Wappen kannte, entdeckte er den Herrn von Plauenstein und den Gardisten Björn, beide nicht minder gerüstet,wie sie sich aus der Gruppe der Reiter lösten und der Spitze des Zuges zustrebten.
Der Knappe schob das Glas zusammen und beeilte sich in den Hof zu kommen. Auf halbem Weg einen Diener mit sich schleifend, den er anwies dem Komtur mitzuteilen, das Sie Gäste hätten. Im Hof hatte sich derweil hinter dem Tor eine größere Gruppe Streiter, gemischt aus vielen Lagern, versammelt um dieses im Zweifel zu halten. Neben dem Rot und Weiß der Lanze, sah er die Farben Lauenbachs, Silberhaven‘s und natürlich wehte an den Mauern auch ein einsames Banner des Ordens der Wächter, jener Recken die Rebhain befreit hatten.
„Josef öffne die Tore, Lovis bilde eine Formation, wir bekommen Besuch und ich habe keine Lust als erstes einen Anschiss vom alten Mann zu kassieren, weil wir hier wie angewurzelt rumstehen. Ausführung!“ Er selbst ging auf die sich öffnenden Flügel zu, als Ihm endlich klar wurde, woher er das Wappen kannte. „Was zur Hölle macht die Stadtwache von Baldur‘s Tor hier?“